Holger Wolf – Wertvolle „Rechte Hand“ für den Sensei und den SV
Ganz egal, wo man Holger Wolf begegnet, der Mann ist nie um eine Antwort verlegen. Und er ist immer bei der Sache. Der gebürtige „Gounägger“, langjähriges Mitglied des SVG, hört aufmerksam zu, und gibt, wenn er gefragt wird, immer eine kluge Antwort. Der heute noch in Gutenacker lebende, gelernte Einzelhandelskaufmann und Familienvater, der in Limburg als Projektmanager einer international aktiven Firma für Tintentechnologie mit Stammsitz in Michigan/USA tätig ist, hat sich im Juni eine hohe Weihe im Karate verdient. In Trier, dem Stammsitz des Bundesverbandes der Shorinji-Ryu-Budo-Union hat Holger Wolf die Prüfung zum Schwarzgurt, 1. Dan, absolviert – und bestanden. Der SV-Kurier traf sich zum lockeren Gespräch mit dem Stellvertreter von Sensei und Abteilungsleiter Jürgen Fischer.
Das Interview
SV-Kurier: Holger, nochmals herzlichen Glückwunsch zum Erreichen des 1. Dan im Shorinji Ryu Kobudo!
Wann und wo fand die Prüfung statt, und wer hat dir die Prüfung abgenommen?
Holger Wolf: Vielen Dank! Die Prüfung fand am 14. Juni in Trier statt. Dan-Prüfungen werden grundsätzlich immer von unserem Verbandspräsidenten, Shihan William Marsh, persönlich abgenommen. Als weitere Prüfer saßen in der Kommission Sensei Axel Roth, Sensei Peter Haupt und mein Lehrer Sensei Jürgen Fischer.
SV-Kurier: Warst du besonders aufgeregt, oder hattest gar Lampenfieber vor der Kommission?
H.W.: Ich war natürlich nervös. Merkwürdigerweise aber nicht so sehr, wie ich das von meinen Farbgurtprüfungen her kannte. Eigentlich weiß man, dass man das geforderte Repertoire kann. Wenn Du dann aber vorne stehst und schaust in die Gesichter der Prüfer, bist Du dir auf einmal gar nicht mehr so sicher. Aber wenn es dann losgeht, schaltest du komplett auf Automatik. Scheuklappen drauf und durch.
SV-Kurier: Du bist ja eigentlich ein „spätberufener“ Karateka. Was waren deine Beweggründe, mit dem Sport zu beginnen? Schließlich weiß man, dass Karate ein hohes Maß an Disziplin, Beharrlichkeit und Konzentration erfordert.
H.W.: Grundsätzlich, so sehe ich das, gibt es keine Altersbegrenzung, um mit Karate zu beginnen. Man muss es einfach für sich selbst herausfinden. Als das erste Schnuppertraining im August 2008 angeboten wurde, haben wir meinen Sohn Joel angemeldet. Er war damals 6 Jahre alt und wollte nicht alleine in die Sporthalle gehen. Also bin ich mitgegangen. Ich war der einzige Erwachsene, der als Zuschauer auf der Bank saß. Das ist Jürgen natürlich sofort aufgefallen, woraufhin er mich ansprach, ob ich nicht auch mitmachen wolle. Alle Blicke ruhten auf mir und ich habe ja gesagt. Seit dieser ersten Einheit habe ich kaum ein Training verpasst, es sei denn, es war beruflich, krankheitsbedingt oder durch Urlaub nicht möglich.
SV-Kurier: Wie kam es eigentlich, dass du Trainer bzw. Übungsleiter geworden bist? Musstest du dafür auch eine gesonderte Prüfung ablegen?
H.W.: Anfangs war die Zahl der Trainierenden recht überschaubar, sodass Jürgen das Training komplett alleine gemacht hat. Nach zweieinhalb, drei Jahren hat sich das allerdings verändert. Gerade bei den Kindern hatten und haben wir einen sehr guten Zulauf. Das hat allerdings zur Folge, dass der Wissensstand etwas breiter gefächert ist, als bei den Erwachsenen. Du musst also mehr Gruppen bilden. Diese anzuleiten und im Blick zu halten, ist für einen Trainer alleine zu viel. Da ich sowieso schon beim Kindertraining anwesend und von Jürgens Schülern der am weitesten Fortgeschrittene war, fragte er mich, ob ich nicht sein Co-Trainer werden wollte. Meine Antwort ist bekannt. Eine Prüfung musste ich nicht ablegen. In unserem Karatesystem läuft das etwas anders, als bei anderen Sportarten. Je nach eigenem Wissensstand wirst Du langsam an deine Aufgaben herangeführt. Außerdem stehst du bei jedem Lehrgang unter „besonderer Beobachtung“.
SV-Kurier: Hat der Sport etwas mit dir gemacht? Hat sich dein Körpergefühl verbessert, bzw. dein ganzes Lebensgefühl eine positive Entwicklung genommen? Man sagt dem Karate ja nach, den Menschen nicht nur körperlich zu bilden, sondern auch mental positive Veränderungen herbeiführen zu können.
H.W.: Der Umgang mit anderen Menschen hat sich verändert. Neben der Charakterbildung ist Respekt ein wesentlicher Bestandteil unseres Sports. Das legst du nicht einfach nach dem Training ab, sondern wendest es auch im Alltag an. Anfangs unbewusst, aber je mehr du dich mit den Grundwerten des Karate befasst, desto bewusster wird dir das. Was das Körpergefühl, bzw. die Fitness betrifft, war ich anfangs schon etwas skeptisch, ob Karate der richtige Sport für mich ist, zumal ich wegen Knieproblemen mit dem Fußballspielen aufhören musste. Und mit den Beinen arbeitest du hier ja auch sehr viel, allerdings anders. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich keinerlei Beschwerden in dieser Richtung feststellen kann, sondern das genaue Gegenteil eingetreten ist. Körperlich fühle ich mit so fit wie schon lange nicht mehr. Und ist der Körper fit, zieht der Geist automatisch nach.
SV-Kurier: Wie schätzt du die spirituelle Kraft ein, die von diesem Sport ausgeht? Es gibt ja auch einen durchaus meditativen Aspekt beim Training, z.B. beim Tai Chi Chuan.
H.W.: Wie bei vielen anderen Dingen auch, kann der Glaube viel bewegen. Anders als beim Karate, werden beim Tai Chi Chuan langsame, fließende Bewegungsabläufe praktiziert. Man konzentriert sich im Wesentlichen auf sein Inneres. Man muss lernen, sich geistig fallen zu lassen. Also das Abschalten vom Alltag. Dann funktioniert das wunderbar.
SV-Kurier: Würdest du deine Sportart Karate uneingeschränkt Jedermann empfehlen?
H.W.: Wer sich körperlich und geistig dazu in der Lage fühlt, sollte ohne Einschränkung jede Art von Kampfsport betreiben können.
SV-Kurier: Hättest du am Anfang deiner Karate-Laufbahn geglaubt, schon nach so kurzer Zeit den 1. Dan / Schwarzgurt zu erlangen?
H.W.: Am Anfang meiner, wie du sagst „Karate-Laufbahn“, war ich froh, wenn ich das Erlernte beim nächsten Training noch anwenden konnte. Die ersten 9-10 Monate war ich mit Jürgen alleine im Erwachsenentraining und er wollte mir natürlich sehr viel zeigen und beibringen. Manchmal mehr, als mein Kopf damals verarbeiten konnte. Ich habe eigentlich noch nie auf einen bestimmten Punkt hingearbeitet, an dem ich etwas können wollte, um eine Prüfung machen zu können. Ich lerne, und wenn Jürgen, ein anderer Sensei, oder idealerweise Shihan Bill Marsh meint, ich wäre bereit für eine Prüfung, dann nehme ich daran teil. Umso erfreulicher ist es dann, wenn Du eine Prüfung bestanden hast. Ich sehe das Ganze als einen Weg, den ich ganz ohne Eile gehen kann.
SV-Kurier: Wohin geht die Reise für dich beim Karate noch? Strebst du den nächsten Dan an?
H.W.: Wie ich schon sagte, ich gehe einen Weg ohne Eile. Auch wenn ich schon einige Prüfungen bestanden habe, stehe ich immer noch am Anfang eines langen Weges. Ich möchte weiterhin lernen und gleichzeitig auch versuchen, das Erlernte an andere weiterzugeben. Und wenn mir das bis ins hohe Alter gelingen sollte, kann ich zufrieden sein.
SV-Kurier: Holger, herzlichen Dank für deine Zeit und das hochinteressante und ausgesprochen informative Gespräch!
Das Gespräch führte Bernd Loose