EM 2016 feat. La Mannschaft

Wenn der Griezmann zweimal klingelt

08.07.2016 Der 7. Juli, ein geschichtsträchtiger Tag. Jürgen Grabowski kam 1944 in Wiesbaden auf die Welt und Arnd Zeigler schlüpfte irgendwo in Bremen (glaube ich), in der Mitte der wilden Sechziger. Einige Jahre später, genauer gesagt derer Neun, wurde München an eben diesem Tag zum Fußballnabel der Welt. Deutschland kämpfte Holland nieder und holte den zweiten WM-Titel für #DieMannschaft, die damals natürlich noch nicht so hieß, und auch nicht immer eine war während des Turniers, wie später aus allerlei berufenen Mündern zu hören war. Und gestern war wieder so ein Tag. Frankreich besiegte sein Deutschland-Trauma, so wie es Jogis Mannen am letzten Samstag gegen Italien gelungen war. Aber unter welchen Umständen. Es begann schon mit einer gravierenden TV-Panne, die dem ebenso verwöhnten wie gleichsam kritischen Fußballschauer erstmals an diesem vermaledeiten Abend die Zornesröte ins Gesicht trieb. Als die obligate Werbung für koreanische Automobile und eine türkische Fluglinie abgelaufen war, lief das Spiel schon elf Sekunden (elf Sekunden sollt ihr sein) und Bela Rethy schien bei einem frühen Versuch der Franzosen, unser Allerheiligstes zu gefährden, dem ersten Herzstecker (von noch einigen an diesem Abend) sehr nahe. Was erlaube Schiri!?! Ja, diese Schiedsrichteransetzung war doch wohl der Gipfel der Instinktlosigkeit der UEFA. Genau jene UEFA, die Kindern das Knuddeln und Tollen mit ihren Papis nach den Spielen auf den Wiesen der Stadien verboten hatte – ist nicht so schlimm, betrifft und betraf ja nur noch drei Spiele – diese UEFA in Person eines italienischen Ex-Weltschiedsrichters namens Pierluigi Collina, hatte sich den schlechten Scherz ausgedacht, einen gewissen Herrn Rizzoli, geboren in Mirandola, Italien (Wikipedia sei Dank!) für das Halbfinale Deutschland gegen Frankreich anzusetzen. Der gleiche Rizzoli, der uns zur WM 2014 gepfiffen hatte. Auf den ersten Blick ja nicht das schlechsteste Omen. Bei näherem Hinsehen jedoch wird sich immer an einen von diesem Herrn nicht gegebenen Elfmeter für Argentinien erinnert, als Welttorhüter Manuel Neuer die Fäuste fliegen ließ – an den Ball versteht sich und im Strafraum- und gleichzeitig den argentinischen Angreifer sowas von abräumte, dass nicht wenige diese Aktion mit Toni Schumachers Foul an Battiston im Halbfinale gegen wen, ja Frankreich, genau, verglichen. Rizzoli hatte völlig zu Recht keinen Elfmeter gepfiffen. Aber seitdem kocht die argentinische Fußballseele, auf diese Szene angesprochen und Rizzoli hat für die Gauchos Deutschland zum Weltmeister gemacht. Also dieser Rizzoli hatte wohl elf Sekunden zu früh angepfiffen, um schon mal gleich klarzumachen, dass er sich von niemanden irgendwelche Vorschriften machen lasse. Auch nicht von den, die Veranstaltung mitfinanzierenden Sponsoren. Rizzoli fährt Alfa und fliegt Alitalia, e basta! Die Kette der Merkwürdigkeiten zieht sich durch die erste Halbzeit, wie eine spieldauerlange Wiedergutmachung, nein Negativkompensation gegenüber La Mannschaft. Bastian Schweinsteiger wurde von seinem Gegenspieler am Fünfmeterraum der Franzosen per Catchergriff am Kopfball und Erzielen des Führungstreffers gehindert. Foul und Elfmeter? Nicht bei Rizzoli. Wenig später wurde Toni Kroos bei einem unwiderstehlichen Solo erst vor dem Strafraum getackelt und dann nochmal im Sechzehner. Grenzwertig, sehr grenzwertig. Nicht so bei Rizzoli. Der hatte die lange Leine nur für die Franzosen im Gepäck. Im Gegensatz zur 44. Spielminute, als nach einem Eckstoß Schweinsteiger den Ball per Kopf aus der Gefahrenzone bugsieren wollte, das Spielgerät ihm aber leider auf die Hand fiel. Keine aktive Bewegung zum Ball, keine Verhinderung einer Torchance, keine Vergrößerung der Körperfläche. Nichts von den Kriterien, die normalerweise zu einem direkten Freistoß führen (im Strafraum ergo zu einem Elfmeter). Rizzoli konnte es noch nicht einmal gesehen haben, stand er doch zwanzig Meter entfernt im Rücken unseres Kapitäns. Und jetzt kommen die Flüsterer an den Linien ins Spiel. In diesem Fall alles Nachkommen der Etrusker, sprich Italiener. Die einzige Rudelbildung, die von den Fußballverbänden sanktioniert wird. Gleich fünf Sportkameraden tummeln sich rund um die Wiese, um dem Hauptschiedsrichter seinen Job zu erleichtern. Oftmals hat man sich in den vergangenen Wochen des EM-Turniers gefragt, warum die Unparteiischen außerhalb des Spielfeldes so wenig ihrer Pflicht nachkommen, ihrem Chef was zu flüstern, wenn es denn was zu schiedsen gab. Aber gestern Abend war ja alles anders. Rizzoli konnte es nicht gesehen haben das grande Malheur unseres Kapitanos. Aber die Männer an den Linien ließen ihren Vorpfeifer keine Sekunde im Unklaren darüber, was da passiert war. Ist ja auch okay. Und so vorgesehen. Aber: Gibt ein Weltschiedsrichter für solch eine Aktion zwingend einen Strafstoß? Zwingend? Nein, das macht er nicht. Und schon gar nicht auf Zuruf. Griezmann verwandelte sicher und machte sich mit einem merkwürdig arrogant anmutenden Jubeltänzchen ein bisschen unsympathisch. Der Rest des Spiels ist eigentlich in drei Sätzen zusammengefasst. Trotz dreier „Ersatzgestellungen“ und einem völlig indisponierten Thomas Müller beherrschte die deutsche Mannschaft angeführt von einem starken Toni Kroos Frankreich über 80 Minuten. Scheiterte jedoch an Lloris oder am Gebälk des französischen Tores und an der eigenen Unfähigkeit, in solch einem Spiel das Glück auch mal zu erzwingen. Der Umstand, dass der zweite Gegentreffer einer haarigen Fehlerkette in der Abwehr der deutschen Mannschaft entsprang, ist der Unerfahrenheit und Unsortiertheit des defensiven Personals nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Boateng geschuldet. Schweinsteiger schaute Neuer andächtig zu, wie er die Flanke von links nicht zu packen bekam – eine Faustabwehr wäre wohl die bessere Lösung gewesen – und verlor für eine Sekunde Griezmann aus den Augen, der den Ball Neuer abgezockt mit der Sohle durch die Hosenträger drückte und danach wieder sein komisch anmutendes Tänzchen aufführte. Selbst nach dem 0:2 waren Jogis Jungs Chef im Ring, aber Lloris hielt seinen Kasten sauber. Am Ende war alles nur ein großer Katzenjammer, auch Joachim Löw wirkte direkt nach dem Spiel sehr angefasst und konsterniert. Frankreich ist irgendwie als Europameister vorprogrammiert. Aber vielleicht pfeift ja Dr. Felix Brych am Sonntag das Endspiel. Ja, warum eigentlich nicht Signore Collina?

Der Bundesadler obenauf - auch noch nach dem Spiel?

Der Bundesadler obenauf – auch noch nach dem Spiel?

Italien ist Geschichte – gegen Frankreich wird es torreich

08.07.2016 Portugal hat für viele Experten nicht unerwartet gestern Abend gegen Wales erstmalig sein Potential aufblitzen lassen und den Männern um Real-Star Gareth Bale kaum eine Chance gelassen. Nichts war zu sehen vom trickreichen walisischen Hurra-Fußball, der noch wenige Tage zuvor Belgien aus dem Turnier purzeln ließ. Portugal im Endspiel. Egal, ob La Mannschaft oder Les Bleus das Finale erreichen, Portugal zu unterschätzen, wäre fatal. Die im Elfmeter-Krimi gegen Italien zu verzeichnenden Verletzten Gomez und Khedira, sowie der gelbgesperrte Mats Hummels fehlen gegen Frankreich und zwingen Joachim Löw, seine bis dahin gefundene Stammformation nicht unerheblich zu ändern. Das muss nicht zwangsläufig ein Nachteil sein. Denn nun sind Deutschlands beste Kicker, gleich in welcher Aufstellung sie das Halbfinale heute Abend beginnen, noch schwerer auszurechnen. Trotz der geballten französischen Offensivpower mit Pogba, Giroud, Griezmann und Payet und nicht zu vergessen Coman, so er denn spielt, sollten Jogis Jungs in persona Höwedes, Boateng, Kimmich und Hector in der Lage sein, die genannten Angreifer in Schach zu halten. Die Schwächen der Franzosen im Defensivbereich waren beim 5:2 gegen die sympathischen, aber in dieser Partie überforderten Isländer, nicht zu übersehen. Lloris ist ein Weltklasse-Torhüter – aber  nur auf der Linie. Wenn es Deutschland gelingen sollte, bei Standardsituationen zwischen Elfer und Fünfmeterraum die Lufthoheit zu gewinnen und im Strafraum zu Kombinationen zu kommen, wird es im Kasten der Gastgeber mehr als einmal einschlagen. Leider fehlen die kopfballstarken Gomez und Hummels. Also werden sich Müller, Özil, Draxler (oder doch Götze) zusammen mit Kimmich, Hector und Kroos im gegnerischen Strafraum durchkombinieren müssen, um zum Erfolg zu kommen. Immer wichtiger werden, wie sich im ganzen Turnier bisher  gezeigt hat, die sogenannten Standards. Da würde man sich auch noch etwas mehr Effizienz seitens der deutschen Nationalmannschaft wünschen. Ein Thema könnte auch die körperliche Frische der Spieler sein. Wie haben sie die strapaziöse Fußballreise gegen Italien überstanden und wie sieht es in den Köpfen der Spieler aus. Und: Wird Thomas Müller sein EM-Trauma „Torlos in Frankreich“ überwinden können. Alles in allem sind die Vorrausetzungen nicht die schlechtesten, dass im Hexenkessel Stade Vélodrome in Marseille eine rauschende Fußballnacht mit vielen Toren stattfindet. Am Ende hoffentlich mit einem Treffer mehr für La Mannschaft.

Thors Söhne und Jogis Jungs

01.07.2016 Das Jubelritual der Isländer nach dem historischen Sieg gegen schwache Engländer hatte etwas archaisches. Vor der Kurve ihrer Fans hatten sich die kickenden Söhne Thors aufgebaut und die Arme zum rhythmischen Klatschen mit gleichzeitigem Urlaut über ihre Köpfe erhoben. Die Fans stimmten in das latent bedrohlich wirkende Stakkato ein und auch der unparteiische Beobachter konnte nicht verhindern, dass sich ihm in diesem Moment die Armhaare aufstellten. So, oder so ähnlich muss es geklungen haben, wenn in grauer Vorzeit, im dunklen Zeitalter, die Wikinger zu ihren Raubzügen in der Nordsee aufgebrochen waren. Frankreich ist dem Überraschungsteam aus dem hohen Norden Europas natürlich in allen Belangen von der Papierform her überlegen. Dennoch hat sich das Team Island im Verlauf des Turniers durch sein Auftreten mächtig Respekt verschafft. Frankreich muss auf der Hut sein und nur wenn die Équipe tricolore Island 90 Minuten konzentriert bespielt, wird das Team des Gastgebers in die Vorschlussrunde einziehen. Ganz andere Sorgen hat Joachim Löw. Er muss das vielzitierte Italien-Trauma von seinen Spielern fernhalten. Am Samstag wird es im nächsten vorgezogenen Endspiel darauf ankommen, den Männern von Trainerfuchs Antonio Conte das Spiel aufzuzwingen und die Konterstärke der Italiener zu eliminieren, bzw. nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.  Sollte es La Mannschaft gelingen, ihr Kombinationsspiel zu entfalten, werden sich gegen die Squadra Azzura Gelegenheiten ergeben. In der Bringschuld ist im Hinblick auf seine Scorerqualitäten Thomas Müller, der gegen Italien seine EM-Torflaute beenden sollte. Wenn das deutsche Team seine Qualitäten zu 100 Prozent auf den Platz bringen kann, wird es nicht einfach für Italien, in das Halbfinale der EM einzuziehen.

Der trügerische Schein der Leichtigkeit und ein Spieler namens Hazard

27.06.2016 Ganz so klar, wie es die Ergebnisse glauben machen wollen, waren die Spiele von La Mannschaft gegen die überforderten Slowaken und den Belgiern gegen die tapferen Ungarn nicht. Das Team von Joachim Löw ist zwar im quasi Schongang ins Viertelfinale spaziert. Doch der Kopfball in der ersten Halbzeit, den Manuel Neuer unter der Latte wegkratzte und der nachlässige Rückpass von Hector, den der Welttorwart mit beherztem Einsatz nicht zu einer Großchance für die Slowaken werden ließ, hat deutlich aufgezeigt, dass die deutschen Eichen nicht in den Himmel wachsen. Die Galavorstellung von Julian Draxler und der kaltschnäuzige Auftritt des immer torgefährlichen Mario Gomez sollten nicht überdecken, dass die Mannschaft auch personell noch deutliche Luft nach oben besitzt. Mesut Özil beispielsweise macht und tut, er ist viel unterwegs. Aber in punkto Effizienz ist er noch weit von seiner Bestform entfernt. Nicht zu vergessen seine latente Arroganz beim Abspiel, die ihm permanent an den Kickstiefeln klebt. Thomas Müller ist weiter auf der Suche nach dem Eckigen. Sollte er sich seinen Esprit und seine Schlitzohrigkeit für das Viertelfinale aufgehoben haben, wäre es Fußballdeutschland sicher recht. Die Belgier haben sich mit dem 4:0 gegen Bernd Storcks Ungarn nachhaltig als der Geheimfavorit für den EM-Titel zurückgemeldet. Aber Vorsicht: Auch die Mannen von Eric Wilmots haben Schwächen in der Defensive, wenn im neudeutsch „letzten Drittel“ (der gemeine Sportfan denkt bei Erwähnung dieser ominösen Zone unwillkürlich an den letzten Spielabschnitt im Eishockey) schnell kombiniert wird. Mit etwas Glück hätten die Ungarn, die zu keiner Zeit des Spiels aufgaben, trotz des 0:2 Rückstandes noch in der Schlussviertelstunde den Ausgleich erzielen können. Und wer weiß, wie das Match in einer Verlängerung gelaufen wäre. Trotzdem muss man konstatieren, dass Belgien die reifere Mannschaft stellte und über eine ganze Reihe von exzellenten Fußballern verfügt, die ähnlich kombinationsstark wie das deutsche Team sind. Das Konterspiel der Wilmots-Truppe mit dem bärenstarken Eden Hazard ist schon titelverdächtig und es würde nicht verwundern, wenn  sich die beiden offensivstärksten Teams des Turniers am 10. Juli im Stade de France zum finalen Halali der diesjährigen EM treffen würden. Jemand was dagegen?

Erinnerungen an die Faröer, ein Zaubertor und das absurde Turniertableau

24.06.2016 Als das Ausscheiden unserer südlichen Nachbarn besiegelt und Austria das genaue Gegenteil von Felix war, dauerte es nicht lange und der skurrile Kommentar des isländischen Reporters machte europaweit die Runde. Der gute Mann begleitete den finalen Todesstoß durch die Isländer gegen Österreich mit der Mischung einer Parodie auf Edi Fingers Kommentar anno 1978, als Österreich in Persona eines gewissen Hans Krankl den damals amtierenden Weltmeister nach Hause schickte und einem angestochenen Schwein, das um Gnade quiekt. Der Mann freute sich in Ekstase, wie auch seine Landsleute aus Island, die mit glatten zehn Prozent der gesamten Inselbevölkerung im Stadion vertreten waren. Die Assoziation an das Ausscheiden der Österreicher in den Achtziger Jahren drängte sich sofort auf. Damals hatten die bis dato nur geographieaffinen Zeitgenossen bekannten Faröer (zusätzlich mit einem Doppelpunkt über dem ‚e‘, glaube ich mich erinnern zu können) von den gleichnamigen Inseln Austria aus der WM-Qualifikation gekickt. Heuer in Frankreich wollte das Team von Marcel Koller, konnte jedoch nicht. Österreich ist eben zu wenig auf den allzweijährlich stattfindenden Treffen der Fußballmannschaften Europas bzw. unseres Planeten vertreten, um sich als Turniermannschaft bezeichnen zu können, und ebenso aufzutreten. Und: Wer in solch einem Spiel auch eine Chance wie den direkten Freistoß aus elf Metern auslässt, hat dann im Achtelfinale auch nix zu suchen. Island gegen England wird eine hochinteressante Partie und unsere, der EU gerade verlustig gegangenen Freunde von der britischen Insel sollten auf der Hut sein vor ihren nördlichen Nachbarn. Die sind mit ihrer Wikingermentalität zu Außerordentlichem fähig. Der Umstand, dass nur ein begnadeter Fußballer in einem strauchelnden Team den Unterschied machen kann, zeigte eindrucksvoll Cristiano Ronaldo. Der narzisstische Portugiese ist ein fantastischer Fußballer, der auch unter Druck die Chuzpe besitzt, mal eben so ein nicht optimales Anspiel mit der Hacke zu versenken. Prädikat genial. Dieses und ein weiteres Tor von CR7 gegen Ungarn rettete die Jünger des Fado in die Runde der letzten Sechzehn. Dort bietet sich dem geneigten Betrachter ein groteskes Bild: Auf dem rechten Pfad, also dem Pfad rechts, tummeln sich samt und sonders alle bisherigen Weltmeister, die Europa seit 1930 aufzubieten hat. Insgesamt elf WM-Titel und noch dazu neun EM-Titel spielen in den K.O.-Spielen einen Finalisten aus. Der „linke“ Pfad dagegen beherbergt eher die sogenannten Underdogs oder Geheimfavoriten. Nicht, dass Kroatien, Belgien, Polen, Portugal und die Schweiz fußballerisch nur wenig zu bieten hätten. Nein, aber diese Einteilung mutet irgendwie  mehr als kurios an. Egal, wichtig ist auf’m Platz. Freuen wir uns auf die Runde der letzten Sechzehn. Jetzt geht die EM wohl richtig los.

Es hat wieder nicht gemüllert – ich sage: Das kommt noch!

22.06.2016 Update – Hätte es gegen die bedauernswerten Nordiren, die schon ab der zehnten Minute deutlich sichtbar auf Zeit spielten, zur Halbzeit 6:0 statt 1:0 gestanden, Thomas Müller wäre wohl an die Spitze der EM-Torjägerliste vorgestoßen. Niemand wird behaupten, der legitime Nachfolger des „Bombers der Nation“, Gerd Müller, wäre fahrlässig mit seinen Chancen umgegangen. Zweimal Aluminium, einmal knapp daneben und einmal der nordirische Keeper lautet die ernüchternde Bilanz des FC Bayern-Eigengewächses. Gut, dass er nach feinem Pass des gegenüber dem Polen-Spiel verbesserten Özil wenigstens die kluge Vorarbeit zu Gomez‘ Siegtreffer in der 30. Minute gab. Müller hat starken Nachholbedarf. Gebt dem Jungen Zeit, das ungleiche Verhältnis von 10:0 WM- zu EM-Toren zu korrigieren. Er hat ja noch maximal vier Spiele Zeit dazu. Dem neuen Modus sei Dank. Seinen Torhunger darf er schon am Sonntag  im ersten von hoffentlich drei K.O.-Spielen gegen die Slowakei befriedigen, mehr noch jedoch am 2. Juli in Bordeaux gegen den Sieger des Achtelfinals Nummer 7, Spanien bzw. Italien. Durch die Lastminute-Niederlage der seit gefühlt Urzeiten bei Europameisterschaften ungeschlagenen Iberer gegen meinen Geheimfavoriten Kroatien (jetzt nicht mehr so geheim), treffen die Del Bosque-Schützlinge schon früh auf die erfahrenen und selbstbewussten Männer vom Stiefel um den Torwart-Dino „Gigi“ Buffon. Ein vorweg genommenes Endspiel, ebenso wie das dann anstehende Viertelfinale Deutschland gegen den Sieger aus Spanien gegen Italien. Einen Schritt weitergedacht könnte es danach im Halbfinale schon zum Klassiker entweder gegen Frankreich oder gegen England kommen. Sollten es Jogis Jungs bis ins Finale packen, haben sie die EM zuvor eigentlich schon zweimal gewonnen. Wer wartet dann im Finale? Wieder Polen, oder Kroatien, oder doch die Belgier. Oder vielleicht Wales mit Superstar Gareth Bale? Eigentlich ganz gleich. Auf der Mission EM muss La Mannschaft jeden Gegner schlagen. Immer vorausgesetzt, es müllert ordentlich in den K.O.-Spielen. Dann könnte es mit dem vierten Titelgewinn klappen.

Skalpell statt Brechstange

21.06.2016 Es ist relativ unwahrscheinlich, dass La Mannschaft heute ausscheidet. Sollte  jedoch knapp gegen Nordirland verloren werden, droht als Drittplatzierter schon in der ersten K.O.-Runde Gastgeber Frankreich als Herausforderer des Weltmeisters. Das wäre natürlich ein Knaller im Achtelfinale. Sollten Jogis Jungs erwartungsgemäß auf Platz eins oder zwei in der Gruppe C einlaufen, bekommt es der Weltmeister im Viertelfinale wahrscheinlich mit Italien oder Spanien zu tun. Alles Endspiele vor dem eigentlichen Finale. Aber zunächst muss ein Patentrezept gegen die unangenehmen Nordiren gefunden werden. Die Brechstange bleibt laut Bundestrainer Löw im Hotel. Feines Operationsbesteck, ein Skalpell wird vonnöten sein, um im Bild zu bleiben, wenn die deutschen Offensivkräfte den nordirischen Abwehrverbund sezieren wollen. Flach gespielte Bälle, schnelle Kombinationen auf engem Raum wären eine Lösung. Das notwendige Personal hat der Bundestrainer zur Verfügung, Özil, Müller, Götze, Schürrle und auch Sané (oder doch wieder Draxler?) sind kombinationsstarke Spieler, die auch über die nötige Handlungsschnelligkeit und den Spielwitz verfügen, den Nordiren das Fürchten zu lehren. Kroos und Khedira mit dem aufzubauenden Schweinsteiger können Spieleröffnung und auch mit Fernschüssen für das deutsche Team treffen. So gesehen kann das deutsche Team als durchaus favorisiert angesehen werden. Und in der Defensive halten die bewährten Kräfte hinten dicht. Hummels und auch Boateng werden sich bei Standards vorne mit einschalten und können ebenfalls Tore erzielen. So gesehen sollte ein deutlicher Sieg herausspringen, um die Gruppe als Erster zu beenden. Und den Schwung ins Achtelfinale mitzunehmen.

Das Turnier nimmt langsam Fahrt auf

20.06.2016 Während sich La Mannschaft in Evian mehr oder weniger dem gepflegten Müßiggang widmete, nahm am gestrigen Sonntag Abend die EM in Frankreich mit dem dritten und entscheidenden Vorrundenspieltag endlich Fahrt auf. Das Spiel zwischen Frankreich und den Eidgenossen wird wohl hauptsächlich aufgrund des exorbitanten Verschleißes an Trikots (Fachjargon „Jerseys“, die Radiomoderatoren sprachen heute in der Hauptsache von profanen T-Shirts) auf Seiten der Schweizer in Erinnerung bleiben. Der Ausrüster aus Herzogenaurach, der nicht durch Produkte mit den drei Streifen vertreten ist, bzw. deren Materialmanager, werden vor dem Fernseher, oder wo immer sie sich auch zwischen 21.00 und 23.00 Uhr MESZ befunden haben mögen, durch alle möglichen Höllen gegangen sein. Der objektive Beobachter schmunzelte zunächst wohl eher, als die ersten beiden Shirts der Schweizer nur noch in Fetzen an ihren ballkickenden Trägern hingen. Mit jedem weiteren Trikot, das im Verlauf des Spiels den Geist aufgab, bzw. durch die starke Anhänglichkeit der französischen Spieler buchstäblich zerrissen wurde, drängte sich der Gedanke auf, dass da mit dem Materialmix (Aussage des Herstellers nach dem Spiel: .. defekte Charge,…“ und „… geschwächtes Material…“) etwas nicht stimmen könnte. Das wurde dann doch peinlich für den Ausrüster aus dem Fränkischen. Ex-Bayer Shaqiri sprach die – nicht ganz ernst gemeinte, oder doch? – Hoffnung aus, „das Puma hoffentlich keine ‚Pariser‘ herstellt“. Recht hat er, der kleine Schweizer mit den großen Fähigkeiten. Von sieben, durch französische Spieler zerstörten Trikots war am Schluss die Rede. Und wie viele gelbe Karten hat Frankreich kassiert? Auf alle Fälle wurde den Spielern der Équipe Tricolore nicht sieben Mal der gelbe Karton unter die Nase gehalten. Es fällt bei diesem Turnier extrem auf, dass die perfiden Fouls, bei denen die Oberbekleidung der Kicker einem sehr harten Materialtest unterzogen werden, nur unzureichend durch die Unparteiischen den Regeln entsprechend sanktioniert werden. Und das ist der negative Aspekt. Jetzt hat man gerade mal die Fallsucht der angreifenden Zunft im Strafraum zwecks Erschleichung eines Elfmeters  durch den Einsatz der Torrichter ein wenig eindämmen können, schon ertüchtigen sich die Defensivkräfte durch allzu dynamisches Fitnesstraining der Arm- und Schultermuskulatur auf Kosten ihrer Opponenten und deren Sportbekleidung. Ein bisschen mehr Konsequenz der Schiedsrichter in der klaren Regelauslegung würde guttun. Denn oftmals werden durch diese leichten Fouls vielversprechende Angriffe regelwidrig unterbrochen. Noch einmal zurück zu den Jerseys: Diese Wertung ging 7:0 an Frankreich. Nach erzielten Treffern trennte man sich torlos. Dank Sommer und Aluminium. Kleine Randnotiz: Die Möglichkeit des Weiterkommens in die K.O-Runde für Albanien durch den Grottensieg gegen zahnlose Rumänen und ein eventuelles Ausscheiden Portugals bei einer Niederlage gegen Ungarn, oder beispielsweise der starken Slowakei bei einer hohen Niederlage gegen England ist eine der Kuriositäten des Turniermodus und mutet wie ein Treppenwitz an. Wichtig ist auf dem Platz. Und dort sollten es die Mannschaften regeln. Und nicht von den Rängen aus, wie die kroatischen „Fans“ es sich einbilden, tun zu können. Die Strafe ergeht an den kroatischen Verband, und egal wie es ausgeht, ganz gleich, wie die UEFA den Fall letztlich beurteilt, es wird nur Verlierer geben.